Wenn du wissen willst, ob die Power Platform mehr als ein Baukasten ist und echten Mehrwert für eure IT-Landschaft liefert: Ich arbeite seit über zwei Jahren intensiv damit – von kleinen Fachabteilungs-Apps bis hin zur unternehmensweiten Prozessautomatisierung. Dabei habe ich viele Aha-Momente erlebt, aber auch Stolperfallen, die du am besten einmal bei anderen machst, nicht selbst.
In diesem Beitrag zeige ich dir:
Welche Bausteine die Plattform hat
Wo sie glänzt und wo es knifflig wird
Wie du innerhalb von drei Monaten Ergebnisse siehst – ohne Governance-Schulden
Kurz gesagt: Worum geht es in der Power Platform
Die Power Platform ist Microsofts Low-Code/No-Code-Baukasten, bestehend aus:
Power Apps: Apps bauen
Power Automate: Workflows & RPA
Power BI: Analytics
Copilot Studio: Bots und generative KI
Power Pages: Portale
Dataverse: zentrale Datenplattform
Spannend ist weniger jede einzelne Komponente, als das Zusammenspiel: Fachbereiche können selbst aktiv werden, die IT setzt Leitplanken – und gemeinsam entstehen Lösungen, die wirklich zu euren Prozessen passen.
Mein Mindset: Nicht „Tool zuerst“, sondern „Problem → kleinstes sinnvolles Produkt → skalierbarer Weg“. So vermeidest du typische „Proof-of-Concept-Friedhöfe“.
Die Bausteine – ehrlich bewertet:
Power Apps – Schnell von Excel zur App
Stark, wenn:
Formulare, Checklisten, mobile Erfassung oder kleine Fachanwendungen gebraucht werden
Drag-and-Drop, Power Fx (Excel-ähnlich) und Komponentenbibliotheken schnelle Ergebnisse bringen
Darauf musst du achten:
- Delegation & Performance: Große Datenquellen + nicht delegierbare Filter = langsame Apps. Prüfe immer Delegationshinweise und plane Filter serverseitig.
- Datenmodell: Was als kleine Liste beginnt, wird schnell komplex. Spätestens bei Beziehungen, Sicherheitsrollen und Prüfungen kommt Dataverse ins Spiel.
- UX: Low-Code ≠ low UX – wiederverwendbare Komponenten, konsistente Navigation und Fehlermeldungen sparen Support.
Praxis-Tipp: Starte Prototypen zunächst mit SharePoint-Listen – so hältst du Einstiegshürden niedrig. Prüfe, ob es ein kleiner Fachbereichs-Use Case bleibt oder sich eine echte Geschäftsanwendung mit Dataverse entwickelt.
Power Automate – Workflows automatisieren
Besonders hilfreich, wenn:
Benachrichtigungen, Genehmigungen, Datenabgleiche und Routineaufgaben automatisiert werden sollen
Die Vielzahl an Konnektoren genutzt wird
Häufige Fehler in der Praxis:
- Fehlerbehandlung: „Wenn Fehler, dann Mail“ ist keine Strategie. Baue Retry‑Policies, Scope‑basierte Fehlerpfade, Logging (Run History, Dataverse/Log).
- Kosten/Throttling: Viele Flows mit hohen Durchsätzen? Plane concurrency und capacity; vermeide Polling, nutze Events/Webhooks.
- RPA‑Realität: UI‑Automatisierung ist super für Legacy – aber empfindlich. Jede UI‑Änderung bricht Flows. Nutze RPA sparsam und mit sauberer Wartungsstory.
Mein Rat: Genehmigungen zentralisieren (z. B. ein Approval‑Pattern wiederverwenden), statt sie in jede App zu kopieren. Spart Wartung.
Power BI – Daten sichtbar machen
Ideal geeignet für:
Self-Service-BI und Standardberichte gebraucht werden
Interaktive Dashboards datenbasierte Entscheidungen unterstützen
Das solltest du vermeiden:
- „Excel‑im‑BI“: Zehn Excel‑Quellen anhängen ist schnell – aber nicht tragfähig. Definiere Datenverantwortliche, nutze Dataflows/Lakehouse oder SQL.
- Governance: Wer darf veröffentlichen? Semantic Models? Ohne Workspace‑Strategie gibt’s Wildwuchs.
- Performance: DAX kann viel – aber nicht jede Maßnahme gehört in den Bericht. Prüfe Modellgröße, Cardinality, Aggregationen.
Tipp: Definiere ein einfaches KPI-Set (max. 10 Kennzahlen), bevor du Visuals baust.
Copilot Studio – Bots & KI
Bringt echten Nutzen bei:
Wiederkehrenden Fragen (HR, IT-Support, Produktinfos) automatisiert beantwortet werden sollen
wenn Zugriff auf Unternehmenswissen nötig ist
Besonders darauf solltest du achten:
- Datenschutz & Quellenqualität: Ein Bot ist nur so gut wie die Quellen. Veraltete FAQs → veraltete Antworten.
- Erwartungsmanagement: KI ist probabilistisch. Für Verbindlichkeit brauchst du Fallbacks zu Menschen und Prozessgrenzen (z. B. „ab hier Ticket eröffnen“).
Hinweis: Starte mit den Top-20-Fragen und überwache die Themen. Iteriere schnell statt auf perfekte Wissensbasis zu warten.
Power Pages – Portale ohne Webprojekt-Schmerz
Empfehlenswert, wenn:
du schnell ein Self‑Service‑Portal für Kunden, Partner oder Lieferanten brauchst, das sicher mit euren Businessdaten spricht (Dataverse).
Darauf musst du achten:
- Identität & Rollen: Externe Identitäten (B2C/B2B), rollenbasierte Sichtbarkeit, DSGVO‑Themen – früh klären!
- Designfreiheit: Du kannst viel anpassen – aber jede Abweichung von Standards will später gepflegt werden.
Praxis‑Tipp: Lieber ein sauberes MVP‑Portal mit Fokus auf zwei, drei Kernprozessen und guter Performance, statt „alles auf einmal“.
Dataverse – die Plattform unter der Plattform
Stark, wenn:
- Beziehungen, Businessregeln, Security-Rollen, Audit und ALM-Prozesse benötigt werden
- Es ist der Unterschied zwischen „Formular‑App“ und „Business‑Anwendung“
Stolperfallen:
Lizenz & Kapazität beachten
Tabellen/Beziehungen sauber modellieren. Schlechte Modelle rächen sich bei Performance und Berichten.
Erfahrung aus der Praxis: Setze auf Solution-First-Ansatz: Managed in Produktion, Unmanaged in Dev/Test. Das erspart dir später Migrationstränen.
Für und Wider – ehrlich auf den Tisch
Pro (Warum ich die Plattform mag):
- Time‑to‑Value: Du siehst in Tagen Ergebnisse – ideal für Fachbereiche.
- Integration: Konnektoren reduzieren Schnittstellen‑Projekte drastisch.
- Skalierung: Vom Formular bis zum Portal – alles im selben Ökosystem.
- Sicherheit: Entra‑basierte Authentifizierung, DLP‑Policies, Rollenmodelle – sauber umgesetzt, ist das ein starkes Fundament.
Contra (Worauf du achten musst):
- Schatten‑IT‑Risiko: Wenn du keine Leitplanken definierst, entstehen Einzel-Apps, die später schwer wartbar sind.
- Komplexität kommt später: Schnell starten ist leicht – skalierbar bleiben braucht Disziplin (ALM, Naming, Versionskontrolle).
- Lizenz-/Kapazitätsthemen: Je nach Architektur (v. a. Dataverse, RPA) können Kosten steigen. Transparenz ist Pflicht.
- Kompetenzaufbau: Citizen Developer brauchen Guidance – sonst wird aus Low‑Code „No‑Design“.
Pro (Warum ich die Plattform mag):
- Time‑to‑Value: Du siehst in Tagen Ergebnisse – ideal für Fachbereiche.
- Integration: Konnektoren reduzieren Schnittstellen‑Projekte drastisch.
- Skalierung: Vom Formular bis zum Portal – alles im selben Ökosystem.
- Sicherheit: Entra‑basierte Authentifizierung, DLP‑Policies, Rollenmodelle – sauber umgesetzt, ist das ein starkes Fundament.
Contra (Worauf du achten musst):
- Schatten‑IT‑Risiko: Ohne Leitplanken entstehen „Einzel‑Apps“ ohne Wartung.
- Komplexität kommt später: Schnell starten ist leicht – skalierbar bleiben braucht Disziplin (ALM, Naming, Versionskontrolle).
- Lizenz-/Kapazitätsthemen: Je nach Architektur (v. a. Dataverse, RPA) können Kosten steigen. Transparenz ist Pflicht.
- Kompetenzaufbau: Citizen Developer brauchen Guidance – sonst wird aus Low‑Code „No‑Design“.
4 Leitplanken für die Power Platform Sicherheit
Du brauchst keine 40‑seitige Policy, bevor du losläufst. Vier Leitplanken empfehle ich:
- Umgebungsstrategie: Dev, Test, Prod; Fachbereichs-Sandkisten getrennt von Unternehmens‑Apps
- DLP‑Policies: Business- vs. non-Business-Konnektoren trennen; sensible Quellen absichern
- ALM & Solutions: Alles in Solutions, Namenskonventionen, Versionierung, Pipelines (z. B. Power Platform Pipelines)
- Monitoring & Inventar: Admin Center + CoE Starter Kit nutzen: Wer baut was? Was ist verwaist? Wo schlagen Fehler auf?
Investierst du früh Zeit in Umgebungen, DLP und Solutions, sparst du später erheblich Aufwand bei der ersten größeren Änderung.
Typische Stolperfallen – und wie du sie vermeidest:
Problem | Gegenmaßnahme |
---|---|
„Wir fangen mal ohne IT an“ | Definiere von Tag 1 an Governance-Rahmen, Umgebungsstrategie, DLP-Policies, ALM-Prozesse |
Alles in einem Flow | Setze auf modulare Flows, wiederverwendbare Child-Flows, klare Fehlerpfade |
Kein Logging | Technisches & fachliches Logging (Scope-Ergebnisse, Korrelation-IDs) |
Datenmodell zu spät | Investiere einen Tag in ein logisches Datenmodell |
RPA als Allheilmittel | Nutze APIs/Konnektoren wo möglich, sonst klare Maintenance-Story |
KI ohne Qualitätssicherung | Content-Owner, Review-Zyklen, menschlicher Fallback |
Fazit – mein persönlicher Kompass
Die Power Platform ist für mich kein „Swiss‑Army‑Knife, das alles kann“, sondern ein sehr effizienter Baukasten für 70 bis 80 % der typischen Digitalisierungsfälle: Formulare, Genehmigungen, Self‑Service, Daten sichtbar machen.
Ihr größter Vorteil ist die Nähe zum Prozess: Die Menschen, die den Prozess täglich leben, gestalten die Lösungen mit – das spiegelt sich in Qualität, Akzeptanz und Nutzbarkeit wider.
Wenn du nur 3 Dinge mitnimmst, dann diese:
Klein anfangen, groß denken: Setze Prototypen innerhalb weniger Wochen um – behalte dabei aber stets Datenmodell, ALM und Governance im Blick.
Die richtigen Bausteine wählen: Nutze SharePoint für schnelle, kleine Lösungen, Dataverse für skalierbare Geschäftsanwendungen und SQL/Lake für analytische Szenarien.
Gemeinsam arbeiten: Fachbereich und IT eng einbinden. Leitplanken schaffen Freiräume – nicht umgekehrt.